Die vergessene Präsentation

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Kürzlich klingelte mein Handy. Es war eine unterdrückte Nummer, auf dem Display stand nur “No Caller ID”. Etwas unwirrsch beantwortete ich den Anruf, denn normalerweise melden sich unter unterdrückten Nummern nur Roboterstimmen, die behaupten, ich hätte etwas nicht bezahlt und ich hätte nun große Probleme, weil ich einen Rückstand bei der Steuerbehörde habe. Oder es sind gelangweilte Telemarketer aus der Telekommunikationsbranche, die mir etwas aufschwatzen wollen.

Am anderen Ende der Leitung war eine Frau, deren Namen ich nicht richtig verstand. Sie sprach zu schnell und im Hintergrund lärmte eine für mein Ohr recht unangenehme Geräuschkulisse; es klang fast so, als säße sie mitten in der Küche bei McDonald’s mit klappernden Friteusenkörben und dem üblichen Piepkonzert der vielen Salamander, Mikrowellen und anderen Fetterhitzer. Ich wollte schon auflegen, gab ihr dann aber doch eine Chance.

Von dem Gespräch konnte ich folgendes verstehen: Sie wollte sich erkundigen, wie es mir nach meiner Präsentation geht. Ich sagte ihr, dass sie sich wahrscheinlich verwählt habe, denn ich habe schon seit einer Weile keine Präsentation mehr gehalten. Sie wirkte verwundert und behauptete, dass ich doch erst vor kurzem eine Präsentation im Krankenhaus gehalten hätte. Krankenhaus? Präsentation? Nein, sie haben den Falschen, sagte ich. Aber dann dämmerte es. Tatsächlich war ich vor einigen Wochen im Krankenhaus gewesen. Aber nicht um eine Präsentation zu halten. Hmm? Ahhhhhhh!

Erst jetzt verstand ich, dass dies alles ein sprachliches Missverständnis sein musste. Hier in Australien nennt man den Gang ins Krankenhaus oder auch nur zu einem Arzt eine “Präsentation”. So bin ich mal wieder in ein sprachliches Fettnäpfchen getreten. Selbst nach vier Jahren hier in Australien passiert das immer mal wieder. Natürlich war ich im Krankenhaus, weil ich mir den Zeh gebrochen hatte. Ich hielt aber keine PowerPoint-Präsentation, sondern tauchte mitten in der Nacht in der Notfallstation auf, um meinen blutüberströmten Zeh versorgen zu lassen. Eine ganz besondere Präsentation. Nun weiß ich es. Bei der nächsten Präsentation denke ich nicht an PowerPoint, sondern an Blaulicht.