Do-it-yourself Marktforschung

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Ein Besuch im Internet-Archiv. Damals reichten zwei Häuser, das hat sich stark geändert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Internetarchiv noch immer in den weißen Holzhäuser im Presidio untergebracht ist.

Alle Macht den Surfern: Alternative Marktforschungswege geben sowohl Surfern als auch Unternehmen frische Erkenntnisse über Nutzungsverhalten — Surfer freuen sich über die Navigationshilfe, Unternehmen über nützliche Hilfestellungen zur Konkurrenzanalyse.

Als Brewster Kahle und Bruce Gilliat vor knapp vier Jahren das Startup Alexa Internet im ehemaligen Armee-Sperrbezirk mit Blick auf die Golden Gate-Brücke in San Francisco gründeten, war kurz darauf das neue Navigationstool von Alexa in aller Munde: Niemand wusste damals so richtig, welche Webseiten populär waren; die großen Marktforschungsunternehmen bewegten sich erst langsam in Richtung Webforschung. Die damalige Vision von Kahle und Gilliat: “Wir folgen einfach den Spuren der Surfer und dann sehen wir ja, welche Sites wichtig sind.”

Wenige Jahre später scheint Alexa fast in Vergessenheit geraten zu sein, lediglich der Aufkauf durch Amazon.com im April letzten Jahres ließ Alexa kurz ins Rampenlicht der Öffentlichkeit aufblitzen. Fast unbemerkt hat sich Alexa zu einem Marktforschungsunternehmen gemausert, dass in den letzten Jahren nicht nur 650.000 Surfer, sondern vor allem kostenlos zugängliche Daten über das Nutzungsverhalten der weltweiten Alexa-Surfer akkumuliert hat.

“Unser großer Vorteil gegenüber unseren Konkurrenten wie Media Metrix oder Nielsen Netratings ist, dass unsere halbe Million User auch gleichzeitig das Testpanel darstellt — da 40 Prozent der Surfer nicht aus den USA kommen, erhalten wir weltweit akkurate Information über die populärsten Websites", sagt Matt Work, Leiter von Alexa Research (www.alexaresearch.com).

**Alexa und der Datenschutz **

Allein in Deutschland sollen laut Work etwa 25.000 Benutzer das Alexa-Plugin installiert haben, das Nutzungsmuster aus aggregierten Daten erstellt. Alexa registriert nicht nur die besuchten Webseiten, sondern auch die danach angesurften Sites und ähnlich relevante Seiten. “Digitale Spuren” — das ruft sowohl in Deutschland als auch in den USA Datenschützer auf den Plan. So wurden Anfang des Jahres verschiedene Beschwerden öffentlich, die Alexa beschuldigten, in bestimmten Konstellationen persönliche Daten unaggregiert zu speichern.

Vor allem wurde Alexa und damit Amazon beschuldigt, die in Webformularen eingegebene Informationen zu speichern. “Wir sind uns der Situation bewusst,” versichert Amy Vacchione, Vice President Marketing bei Alexa, “in manchen von uns gespeicherten URLs sind persönliche Daten vorhanden. Da jedoch jeder Benutzer eine anonyme ID zugeordnet bekommt, können wir nichts mit den Daten anfangen.”

Privacy-Advokat Jason Catlett von Junkbusters.com gibt sich mit der Erklärung nur widerwillig zufrieden: “Amazon.com will so viel wie möglich verkaufen — da könnten persönliche Daten von Alexa schon nützlich sein. Warum hätte Amazon Alexa sonst aufgekauft?”. Wegen der ‘kritischen Masse’, glaubt zumindest Matt Work. Für Amazon ist es natürlich wichtig, so viel wie möglich von den Surf- und Kaufeigenschaften der Benutzer zu lernen. “Wir haben zum Beispiel herausgefunden, dass 80 Prozent des gesamten Webtraffics an nur 0,5 Prozent aller Sites gehen”, sagt Work. Insbesondere die “Top 7” — Yahoo, Microsoft, Excite, eBay, CMG, Disney und AOL — ziehen laut Alexa ein Fünftel des gesamten weltweiten Webtraffics an. Work: “Wir erwarten für die Zukunft eine weitere Konzentration.”

**Wann ist eine Site wichtig?

Um die wichtigsten Sites zu finden, durchpflügt Alexa das Netz regelmäßig nach neuen Sites, sucht nach Verknüpfungen zu anderen Webseiten und vergleicht diese mit den Surfgewohnheiten der Alexa-Testgruppe. Jeden Monate erstellt das kalifornische Unternehmen daraus eine “Top 1.000”-Liste, die kostenlos im Web abrufbar ist. Der große Vorteil der von Alexa erstellten Liste ist die individuelle Zusammenstellbarkeit der Ergebnisse: So lassen sich die wichtigsten Sites in Ländern und Regionen anzeigen und gleichzeitig Veränderungen der Hits von einzelnen Websites im Monatszeitverlauf ausgeben. Das hilft bei der Lokalisierung von potentiellen Konkurrenten, insbesondere wenn Unternehmen in globale Märkte expandieren wollen.

Wer seine Konkurrenten aufspüren, aber nicht selber beobachtet werden will, sollte zu Google wechseln. Google findet ebenfalls relevante Seiten. Im Vergleich mit Alexa liefert Google noch akkuratere Ergebnisse (siehe Kasten). Der Anfang vom Ende für Alexa? Work: “Google ist nichts anderes als Eingabe und Ausgabe, bei uns surfen tatsächliche Menschen, die das Gehirn des Webs ausmachen.”

**Alexa gegen Google – Wer gibt bessere Ratschläge?

Obwohl Alexa und Google verschiedene Technologien und Methoden verwenden, eignen sich beide sehr gut zur Aufspürung von Konkurrenten und Webseiten mit ähnlichen Charakteristik und Zielgruppe. Allerdings nicht alle Ergebnisse lupenrein. Alexa scheint eine höhere Fehlerquote zu haben, empfiehlt öfter weniger relevante ausländische Sites.