Erzähl mir nichts vom Leben...

„Erzähle mir nichts über das Leben (denn ich bin älter und erfahrener), sondern bringe mir die Fähigkeiten bei, mit denen ich weiterkomme.“ Das sind die Sprüche, die vor allem jüngere Coaches und Berater zu hören bekommen. Und wenn sie es nicht hören, dann ist es meistens in den Gesichtern der CEOs und Geschäftsführer geschrieben. Doch das betrifft nicht nur die „Juniors“, sondern auch gleichaltrige oder sogar ältere Menschen. Denn die Chefs haben gefühlt einen höheren Rang, eine bessere Stellung, mehr Geld und Status. Als ob es immer darauf ankäme.

Kürzlich habe ich einen LinkedIn-Post gelesen, in dem ein jüngerer Berater schrieb, dass er seinen Kunden vielleicht noch nicht so viel über das Leben sagen kann, aber er ein verdammt guter Social-Media-Experte sei und – schon aufgrund seines Alters und der damit implizierten Digitalen „Nativeness“ – der ideale Berater für die Geschäftsführer und den Vorstand ist.

Hip trifft Top

Und so kann es aussehen: Der junge Berater kommt in Jeans und T-Shirt in den obersten Stock, wird vom Empfang lächelnd eingelassen und bringt dem stocksteifen CEO die besten „Hacks“ bei. Der staunt mit offenem Mund und wird zunehmend jugendlicher und wirft die alte Kruste ab. Natürlich ist man sofort per Du (das wunderbare Selbstbewusstsein der Jugendlichen). Und das soll funktionieren?

Was ist einfach und bringt schnell viel Geld? Da muss man mit den Leuten zusammenarbeiten, die viel Geld und keine Ahnung haben. Social Media ist nun wirklich nicht das Spezialthema vieler älterer Damen und Herren. Aber das brauchen sie auch nicht unbedingt, um strategische Entscheidungen zu treffen. Die Zielgruppe der CEOs sitzt auf guten Budgets und muss bei den kleinen Summen nicht den Vorstand einschalten. Das größere Problem ist nicht das Geld, sondern der fehlende Respekt und die Zeit.

Lästig für den CEO?

Glaubst Du wirklich, Du wirst ernst genommen? Es kommt auf den Status an. Und es ist klar, wer hier den höheren Rang hat. Je höher Du Dich einlässt, desto eher bist Du „einer von vielen“, austauschbar. Du bekommst nicht viel Zeit. Dein Kunde bereitet sich nicht gut vor (weil es wichtigere und dringendere Sachen gibt) und oft hat er oder sie keine Lust oder einfach die Energie. Oft fehlt einfach die Leidenschaft. Aber immer die Zeit: Wenn der Chef keine Zeit hat, wird der Termin verschoben. Denn es wird erwartet, dass alle springen. Willst Du das? Im Englischen sagt man: Wer sich mit den großen Hunden abgibt, muss sich nicht wundern Flöhe zu bekommen.

Reicht das Schmerzensgeld?

Der junge Nerd hilft dem alten CEO. Wie romantisch. Das klappt meistens nicht. Und niemand fühlt sich dabei wohl.

Vielleicht brauchst Du eine andere Zielgruppe, um Deine Hörner abzustoßen? Wer will mit Dir zusammenarbeiten und bringt den nötigen Respekt und die Leidenschaft mit (und ist nicht die ganze Zeit müde und vor dem Burn-out)? Es ist Zeit für eine andere Zielgruppe – eine, die Dich so wie Du bist zu schätzen weiß und für die Du Deine Lebenszeit und Dein Herzblut mit großer Leidenschaft gibst. Vergiss nicht: Deine Kunden wählen Dich aus. Aber auch Du kannst Deine Kunden auswählen…